Die Ortschaft Reichenthal lag im romantischen Tal des Grenzbaches nordwestlich von Roßhaupt. Der in den Wäldern gelegene Standort nahm den Platz der allmählich schwindenden Industriebetriebe ein, die durch das Wasser des Baches angetrieben wurden. Die Einwohner besuchten die Kirche im nahe gelegenen Neuhäusl, wo sie später dann ihre letzte Ruhestätte fanden.
Die Anfänge der Besiedlung des Ortes gehen auf das Jahr 1716 zurück, als hier eine Glashütte, schlicht Neuhütte genannt, gegründet wurde. Bereits Ende 1732 gehörte die Ortschaft, in der die neu errichtete Eisenhütte stand, zum Gut Groß Maierhöfen und wurde Reichenthal genannt. Die Eisenhütte umfasste acht spezialisierte Hämmer, die das Wasser des Grenzbachs als Antrieb nutzten. In den Jahren 1866 bis 1867 wurden die Hämmer geschlossen und durch die Firma Kupfer und Glaser in Glasschleif- und Polieranlagen umfunktioniert. Einige dieser Anlagen waren bis 1938 in Betrieb.
Aus einem reinen Industriestandort wurde nach und nach eine Siedlung, die sich in einem reizvollen, von Wäldern umgebenen Bachtal ausbreitet. Es kamen eine Reihe von Häusern hinzu und die Schule, die hier seit 1867 erwähnt wird, wurde 1897 erheblich umgebaut und vergrößert. 1927 wurde eine Schule für die tschechische Minderheit eingerichtet. Es gab drei Gasthäuser und die Ortschaft begann sich vor dem Zweiten Weltkrieg zu einem Touristenort zu entwickeln. 1930 lebten in 53 Anwesen 334 Einwohner, von denen nur 13 tschechisch waren und 321 die deutsche Staatsangehörigkeit angaben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Ortschaft, die in der verbotenen Grenzzone lag, zum Abriss verurteilt. Im Sommer und Herbst 1946 verließen alle Einwohner Reichenthal, die Ortschaft wurde in Hraničky umbenannt und kurz darauf gezielt abgerissen. Bereits 1950 wurde an der Straße am Ortsrand eine Kompanie des Grenzschutzes errichtet, die auch die Häuser Nr. 54 und 55 des früheren Ortes nutzte. Am anderen Ende der Ortschaft, dem sogenannten Oberen Reichenthal, wurde in der Nähe der abgerissenen Kapelle ein militärischer Schießstand eingerichtet.
Herzstück der verschwundenen Ortschaft war schon immer eine Gruppe von drei mächtigen Linden, in deren Schatten ein großes Holzkreuz steht, das von ehemaligen Einheimischen errichtet wurde. In der Nähe steht auf dem Hügel ein Denkmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs. Im Bachtal gibt es einige Überreste von alten Eisen- und Glashütten. In Verbindung mit ihnen wurden am nördlichen Rand der verschwundenen Ortschaft Wasserreservoirs angelegt, die heute Oberer und Unterer Grenzteich heißen.
Mit der Geschichte der verschwundenen Ortschaft und dem Leben ihrer Bewohner sind die Kirche Mariä Heimsuchung in Neuhäusl und der angrenzende Friedhof verbunden. Die Ruinen der Kirche wurden 2017 vom Verein Omnium erworben, der das Gebäude der Kirche pflegt. In den Jahren 2018 und 2019 wurden die Dachstühle von dem baufälligen Gebäude entfernt. Das geräumige Sanktuarium ist heute frei zugänglich, ebenso wie der Friedhof, der von den Nachkommen der ehemaligen Bewohner von Reichenthal und Neuhäusl gepflegt wird.
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